Forum Umwelt & Entwicklung
Rundbrief III/2001

Frauen bereiten sich vor

  Minu Hemmati  
   

Aktivitäten vor dem Erdgipfel 2002

In Rio hatten Frauen erheblichen Einfluss auf den Text der Agenda 21. Neun Jahre später bereiten sie sich auf den Gipfel in Johannesburg vor. Der Artikel erläutert einige dieser Aktivitäten. Am Ende finden sich nützliche Kontakt- und Web-Adressen.

Frauen beteiligen sich an beiden derzeit parallel laufenden Prozessen: dem Rückblick über die letzten 9 Jahre und der Umsetzung der Agenda 21 auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene, sowie der Diskussionen um die dringlichsten Fragen, die letztlich beim Gipfel verhandelt werden sollen (die Agenda wird wahrscheinlich nach der nächsten Vorbereitungskonferenz im Januar / Februar 2002 feststehen). Einen kompletten Überblick über weltweite Aktivitäten auf nationaler Ebene zu geben, ist unmöglich. Auf internationaler und regionaler Ebene werden viele Aktivitäten durch die Frauen-AG koordiniert, ein globales Netzwerk, das seit 1991 besteht (s.u.).

NROs im Johannesburg Prozess

Viele NROs koordinieren ihre Arbeit in globalen themenbezogenen AGs ("Caucuses"), mit denen auch die AGs des Deutschen Forums zusammenarbeiten. Dies sind lose Zusammenschlüsse und Informationsnetzwerke, die häufig gemeinsame Positionen erarbeiten und ihre Lobby-Arbeit koordinieren. Sie treffen sich bei regionalen und internationalen Sitzungen und kommunizieren dazwischen per Emailgruppen und Webseiten. Besonders aktive AGs gesellschaftlicher Gruppen sind die der Frauen, der Jugendlichen und der Indigenen Völker.

Das UNED Forum hat seit 1999 auf den Gipfel hingearbeitet und betreibt die umfangreichste und meistgenutzte Webseite (www.earthsummit2002.org) ? mit Hintergrundinformationen, neuesten Nachrichten, Terminen, und einem monatlichen elektronischen Newsletter, "Network 2002", der an weltweit über 25.000 Personen geht.

Frauen im Rio-Prozess

Frauen haben die Agenda 21 maßgeblich beeinflusst. Mit den beiden vorbereitenden Konferenzen in Miami 1991 ? die eine organisiert von UNEP, die andre von WEDO (Women´s Environment & Development Organisation ? wurde eine große Anzahl von Frauen mobilisiert. Davor beschränkten sich die Verweise auf Frauen- und Gender-Politik im Entwurf der Agenda 21 auf das Thema Bevölkerung/Bevölkerungswachstum.
Die Frauen-Ag (CSD Women´s Caucus) ist ein globales Netzwerk von Frauen und Männern, die für das "gender mainstreaming" aller Vereinbarungen im Bereich Nachhaltige Entwicklung und deren praktischer Umsetzung eintreten. Lobby-Arbeit der AG geht "in alle Richtungen" ? nicht nur RegierungsvertreterInnen, auch NROs und andere Gruppen brauchen häufig "Nachhilfe" im Hinblick auf Frauen/Gender-Themen. Deshalb setzt die AG verschiedene Strategien ein: Zusammenarbeit mit anderen, themenbezogenen NRO-AGs, Erstellen von Positionspapieren und Statements sowie Vorschlägen für Entschließungstexte, Organisieren von Side Events bei Sitzungen, konkrete Lobbyarbeit auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene.
Mitglieder stellen Informationen, Forschungsergebnisse und konkrete Empfehlungen bereit. Die Lobby-Arbeit beruht zumeist auf Positionspapieren, die ausführlich beraten werden. Fachfrauen zu bestimmten Themenbereichen zu identifizieren und deren Expertise in den Prozess einzubringen, gehört zu weiteren Hauptaktivitäten des Netzwerks. Die AG trifft sich allmorgendlich bei internationalen und regionalen Sitzungen, und kommuniziert zwischen Sitzungen via Emailgruppe und Webseite (s.u.).

Im allgemeinen werden Beiträge der AG begrüßt, denn die Delegierten im Rio-/Johannesburg-Prozess sind durchaus sensibilisiert. Allerdings mangelt es häufig an der detaillierten Expertise, wie "gender mainstreaming" im Hinblick auf bestimmte Themen aussehen soll. Der AG geht es aber immer wieder darum, dass Entschliessungstexte über allgemeine Empfehlungen zur besonderen Betroffenheit oder der Notwendigkeit von Beteiligung von Frauen hinausgehen. Ohne konkrete, spezifische Beschlüsse werden wir kaum Fortschritt in der Praxis erzielen können. Aus dieser Situation ergeben sich besondere Herausforderungen an die Frauenorganisationen und NROs, aber auch besondere Möglichkeiten der Einflussnahme: Die Lücken werden von Regierungsseite durchaus gesehen, können aber häufig nur von NRO-Seite angemessen ausgefüllt werden.
"Multi-Stakeholder Dialogues"
Teil des Vorbereitungsprozesses und des Gipfels werden die sogenannten "Multi-Stakeholder Dialogues" sein. Diese Dialoge stellen eine innovative Form der Beteiligung von NROs und anderen ("Major Groups") dar, ermöglichen sie doch, Positionen zu verdeutlichen und sich miteinander und den Regierungen über spezifische Themenbereiche auszutauschen. Bei der UN Kommission für Nachhaltige Entwicklung (CSD) haben sie inzwischen Tradition, und ihr Einfluss auf die Entschliessungstexte ist mitunter erheblich. Für die Frauengruppen wird es entscheidend sein, sich an den Dialogen aktiv zu beteiligen und durch die Vorbereitung in weitreichenden Konsultationsprozessen sicherzustellen, dass Frauensicht angemessen vertreten wird (Kontakt: WEDO; UNED Forum).

Bei der ersten Vorbereitungskonferenz in New York (30. April ? 2 Mai 2001) waren alle 9 "Major Groups" eingeladen, ihre Sicht des Vorbereitungsprozesses darzustellen. Die Gemeinsamkeiten ? etwa im Hinblick auf die Veranstaltungen um den Gipfel in Johannesburg, Akkreditierung, Dialogveranstaltungen, etc ? überwogen die Unterschiede zwischen NROs, Frauen, Jugendlichen, Industrie, Gewerkschaften, Kommunalverwaltungen etc. Dies machte erheblichen Eindruck auf die Delegierten. Aus Frauensicht zeigt dies einmal mehr, dass wir auch mit anderen Gruppen - wenn möglich - Koalitionen bilden sollten.

Derzeit sind Dialoge während der zweiten und der vierten Vorbereitungskonferenz geplant, sowie beim Gipfel selbst, möglicherweise in Anwesenheit der Regierungschefs. Die Themen stehen noch nicht fest, und viele NROs versuchen sicherzustellen, dass die Dialogthemen so eng wie möglich mit den Verhandlungsthemen verbunden werden.

Aktivitäten vor und zum Gipfel

Hauptziel ist es, für Geschlechtergerechtigkeit und Beteiligung von Frauen einzutreten. Information und Expertise im Hinblick auf "gender mainstreaming" in den Prozess einzubringen soll dazu beitragen, dass in allen Themenbereichen des Gipfels konkrete Vereinbarungen getroffen werden, die diese Ziele fördern. Die Frauen-AG hat eine Anzahl von Aufgaben und Aktivitäten identifiziert, die von verschiedenen Mitgliedern verfolgt werden. Darüber hinaus entwickeln sich überall auf der Welt weitere Initiativen, hier ein paar Beispiele:
  • "Women's Action Agenda for a Healthy Planet 2002" (WAA2002): Die Women's Environment and Development Organisation (WEDO, New York) koordiniert eine neue Auflage der "Women's Action Agenda" von 1991, in Zusammenarbeit mit einem internationalen Team von Frauen, die Entwürfe erstellen und regionale Beratungen koordinieren. Der erste Entwurf wird im September 2001 vorliegen; das fertige Dokument wird im Juni 2002 in Indonesien vorgestellt. Die WAA 2002 wird als Lobbying-Platform dienen ? im Gipfel-Prozess und darüber hinaus.
  • Die Frauen-AG arbeitet mit themenspezifischen Netzwerken zusammen, um die benötigte Expertise in den Prozess einzubringen, so etwa mit ENERGIA, einem globalen Netzwerk zu Frauen & Energie, oder der Gender & Water Alliance, einem globalen Frauen & Wasser-Netzwerk.
  • Das Southern African Gender & Energy Network hat im August ein Planungstreffen veranstaltet, bei dem konkrete Aktivitäten zum Gipfel beraten würden (Kontakt: MEPC). Geplant sind sowohl Beiträge zum offiziellen Prozess (Hintergrundstudien, Positionspapiere, Lobby-Arbeit) als auch zum NRO Forum (Straßentheater, Ausstellungen, Diskussionsveranstaltungen).
  • Regionale Koordinatorinnen mobilisieren Beiträge aus Frauensicht zu den regionalen Vorbereitungskonferenzen. In Nairobi wird vor der Afrikanischen Vorbereitungskonferenz im November 2001 ein 2-tägiger Frauen-Workshop stattfinden (Kontakt: ELCI). WEDO und UNED Forum planen Treffen vor und während der regionalen Vorbereitungskonferenz in Genf. Das "Asia Pacific Forum on Women, Law and Development" (APWLD) wird die Aktivitäten beim "People´s Forum" während der vierten und letzten internationalen Vorbereitungskonferenz (Mai/Juni 2002) in Jakarta organisieren.
  • In Südafrika laufen Vorbereitungen für Presse-Aktivitäten (Kontaktperson: Colleen Lowe Morna). Eine Medien-Kampagne und ein Frauen-Newsletter sollen dazugehören; Training für junge Journalistinnen wird integriert.
  • Das Commonwealth Women's Network erstellt derzeit eine Datenbank von Frauenorganisationen und NROs, die zum Thema Frauen/Gender und Nachhaltiger Entwicklung arbeiten.
  • Vor allen UN Sitzungen wird die AG Trainings veranstalten, um Neulingen den Einstieg zu erleichtern.

Diese Liste wächst stetig - die Informationen werden auf der AG-Webseite regelmäßig aktualisiert. Der Gipfel und sein Vorbereitungsprozess offeriert eine Fülle von einmaligen Gelegenheiten der Beteiligung und Einflussnahme. Das Ergebnis werden - hoffentlich! - neue Vereinbarungen sein, die tatsächlich umgesetzt werden. Die politische Willensbildung und die praktische Umsetzung werden von der aktiven Beteiligung von Frauen profitieren, wenn wir die Gelegenheiten wahrnehmen.

Minu Hemmati
Die Autorin ist Mitarbeiterin beim UNED Forum



Webseiten
Frauen-AG: www.earthsummit2002.org/wcaucus/csdngo.htm, inkl. link zur Emailgruppe
"Gender Perspectives for Earth Summit 2002: Energy; Transport; Information for Decision-Making". International Workshop, January 2001, Berlin: www.earthsummit2002.org/workshop
UN 2002 Summit: www.johannesburgsummit.org
UNED Forum 2002: www.earthsummit2002.org
IISD Linkages: www.mbnet.mb.ca/linkages/csd/


Nützliche Addressen
Women's Environment and Development Organisation (WEDO),
355 Lexington Ave, 3rd floor,
New York, NY 10017, USA,
T +1 212 973 0325,
F +1 212 973 0335,
web: www.wedo.org,
Kontakt: June Zeitlin,june@wedo.org

UNED Forum,
3 Whitehall Court,
London SW1A 2EL, UK,
T +44 20 7839 1784,
F +44 20 7930 5893,
web: www.unedforum.org and
www.earthsummit2002.org,
Kontakt: Minu Hemmati, minush@aol.com

Environment Liaison Centre International (ELCI),
PO Box 72461,
Nairobi, Kenya,
T +254 2 562 022
F +254 2 562 175,
web: www.elci.org,
Kontakt: Annabel Waititu, elci@alphanet.co.ke

Asia Pacific Forum on Women,
Law and Development (APWLD),
Santitham YMCA Building, 3rd Floor, rooms 305-308,
11 Sermsuk Rd, Mengrairasmi,
Chiangmai 50300, Thailand,
T +66 53 404613,
F +66 53 404615,
Kontakt: Amarsanaa Darisuren, amarsanaa@apwld.org
Colleen Lowe Morna,
South Africa,
Email clmorna@mweb.co.za

Commonwealth Women's Network,
5B Bergerac Road,
Maraval, Trinidad & Tobago,
T +868 628 9655
F +868 628 9655,
web: www.community.wow.net,
Kontakt: Hazel Brown, network@wow.net

Minerals and Energy Policy Centre (MEPC),
Box 395, Wits,
2050 Johannesburg, South Africa,
Kontakt: Dr Hesphina Rukato, hesphina@mepc.org.za

UN Division for Sustainable Development,
Major Groups Focal Point:
Zehra Aydin-Siphos, aydin@un.org

NGO Unit in DPCSD (Akkreditierung)
1 U.N. Plaza, DC1-14th floor, (1st Ave btw. 44th and 45th St),
tel + 1 (212) 963 8652,
fax + 1 (212) 963 9248 or 963 4114,
e-mail: Hanifa Mezoui mezoui@un.org

UN Non-Governmental Liaison Service:
1 U.N. Plaza, DC1-1106,
tel +1 (212) 963 3125,
fax + 1 (212) 963 8712,
email: ngls@un.org