Noch
zwei Wochen! Am 26. August beginnt in Johannesburg, Südafrika der
Weltumweltgipfel. Über 120 Staats- und Regierungchefs - darunter
auch Bundeskanzler Schröder - werden erwartet. Das sind immerhin
12 mehr als 1992 in Rio de Janeiro. Damals, beim historischen Weltgipfel
für Entwicklung und Umwelt, versprachen die Industrieländer
ihr Konsumverhalten zu ändern. Sie wollten in Zukunft die globalen
Ressourcen fairer verteilen und gleichzeitig die Umwelt schützen.
Daraus ist nicht viel geworden. In den letzten zehn Jahren verschlechterte
sich die globale Umweltsituation rasant - und die Schere zwischen arm
und reich ging national wie international immer weiter auseinander.
Wird der Weltgipfel in Johannesburg daran etwas ändern?
In globalen Verhandlungen wurden die in Johannesburg zu verabschiedenden
Texte in den letzten 18 Monaten erarbeitet. Zuletzt trafen sich die
Bürokraten aller Länder in Bali, Indonesien im Juni. Doch
geeinigt haben sie sich bisher nur auf etwa Drei-Viertel eines Textes,
den sie hoffnungsfroh "Aktionsprogramm" nennen. Aktionen -
Initiativen die wirklich etwas bewegen würden - sind darin aber
noch kaum zu finden. Alle für die Zukunft des Planenten interessanten
Punkte - vom Klimaschutz zum Welthandel - werden erst in Johannesburg
zu Ende verhandelt.
Es sieht nicht gut aus. Die USA, tatkräftig unterstützt von
Kanada, Australien und den ölexportierenden OPEC-Staaten, sträuben
sich gegen jede neue internationale Verpflichtung. Ein globales Ziel
für den Ausbau erneuerbarer Energien, für das sich Umweltminister
Jürgen Trittin mit sehr viel Elan stark macht, ist für die
USA genauso inakzeptabel, wie eine konkrete Zielsetzung für die
weltweite Verbesserung der sanitären Grundversorgung bis zum Jahr
2015. US-Präsident Bush hat zwar nach den jüngsten Wirtschaftsskandalen
schärfere Regeln z.B. für Bilanzprüfer eingeführt.
Aber wenn Konzerne globale soziale und ökologische Regeln akzeptieren
sollen - dann blockiert die amerikanische Regierung weiterhin. Und auch
nach den Unwettern des Sommers, finden es die USA inakzeptabel, wenn
die globale Klimavereinbarung, das Kyoto-Protokoll, im Verhandlungstext
auch nur lobend erwähnt wird.
Aber noch ist nicht alles verloren. Seit den gescheiterten Verhandlungen
in Bali ist die Europäischen Union sichtlich bemüht, die USA
durch eine strategische Allianz mit den Entwicklungsländern zu
isolieren. Seit Juli führen die Dänen die Verhandlungen für
die EU. Trotz der Teils extremrechten dänischen Regierung tun sie
dies effektiver - und progressiver! - als die Spanier vor ihnen. Konkrete
Ziele für sanitäre Anlagen und erneuerbare Energien sind deshalb
zumindest noch im Bereich des Möglichen. Wichtige, in Rio etablierte
Prinzipien, wie das Vorsorgeprinzip und die besondere Verantwortung
der Industrieländer, könnten in Johannesburg zumindest bestätigt
werden. Das Vorsorgeprinzip besagt, dass immer wenn Gefahren drohen,
auch dann gehandelt werden soll, wenn diese Gefahren noch nicht endgültig
wissenschaftlich bewiesen sind. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit
- aber die USA weigert sich seit 18 Monaten, diese Selbstverständlichkeit
bei einem Weltumweltgipfel noch einmal laut auszusprechen. Schließlich
könnte man daraus schließen, dass auch die USA die mögliche
Gefahr des Klimawandels ernster nehmen muss! Aber immerhin: In all diesen
Bereichen besteht Hoffnung, dass die USA sich zwar nicht positiv zu
den Zielen bekennt, aber den Rest der Welt zumindest nicht blockiert.
Auch ist es wahrscheinlich, dass die Regierungen in Johannesburg den
Geldhahn für den Globalen Umweltfond (GEF), der weltweit Umweltschutzprojekte
finanziert, öffnen werden. Hier könnte die USA sich sogar
beteiligen!
In Johannesburg müsste aber mehr drin sein! Wann, wenn nicht beim
Weltumweltgipfel, wollen die Regierungen endlich der wirtschaftlichen
Globalisierung klare soziale und ökologische Grenzen setzen? Auch
die Europäische Union ist bisher nicht bereit sich z.B. klar dazu
zu bekennen, dass Umweltabkommen immer Vorfahrt vor den Regeln der Welthandelsorganisation
(WTO) haben müssen. Globale Regeln für globale Konzerne, wie
sie eine breite Allianz von Nichtregierungsorganisationen, Entwicklungsländern
und Gewerkschaften fordern, lehnt auch die Bundesregierung ab. Dabei
hat sich der Bundesverband der deutschen Industrie gerade erst geweigert,
sich aus Anlass des Johannesburg-Gipfels, freiwillig zu Standards bei
Investitionen im Ausland zu bekennen. Wenn selbst ein Weltumweltgipfel
den BDI nicht dazu bewegen kann, einen kleinen Schritt in die richtige
Richtung zu tun, dann muss die Politik endlich den Mut zeigen, verbindliche
internationale Regeln für die Wirtschaft auf den Weg zu bringen.
Der Erdgipfel in Johannesburg kann in wichtigen Bereichen wie dem Ausbau
erneuerbare Energien Fortschritte erzielen. Der BUND setzt sich dafür
z.B. durch die Kampagne "Ja zu positiver Energie", die mehr
als 120,000 Menschen in Deutschland unterschrieben haben, ein. Ein wirklicher
Erfolg wird der Gipfel aber nur dann, wenn die Regierungen zeigen, dass
sie die wirtschaftliche Globalisierung nicht weiter nur verwalten wollen.
Auch ein Bekenntnis von Kanzler Schröder in Johannebsurg, dass
die Bundesrepublik ihre Klimagasemissionen bis 2020 um 40% reduzieren
wird, wäre hierfür ein willkommenes Signal.
Daniel Mittler ist Fachreferent für internationale Umweltpolitik
beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND; www.bund.net)
und leitet die "Rio+10" Kampagne dessen internationalen Netzwerkes,
Friends of the Earth International (www.foei.org). Weitere Infos zum
Weltgipfel unter www.bund.net?rio.htm ; www.rio-plus-10.org, www.rio-10.de
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